Position des Deutschen Naturschutzrechtstages zur beabsichtigten Reform des Waldgesetzes

Im Hinblick auf die im Koalitionsvertrag angekündigte Novellierung des Waldgesetzes hat der DNRT e.V. auf seiner Mitgliederversammlung am 9.11.2022 ein Positionspapier mit wichtigen rechtspolitischen Reformvorschlägen  verabschiedet.

Das Positionspapier trägt den Titel „Position des Deutschen Naturschutzrechtstages zur beabsichtigten Reform des Waldgesetzes im Zeichen des Biodiversitätsschutzes, des natürlichen Klimaschutzes und der Anpassung an den Klimawandel“ und ist unter diesem Link einsehbar.

 

 

 

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Landwirtschaft heute

Leipziger Erklärung des Deutschen Naturschutzrechtstages e.V.

Die Mitgliederversammlung des Deutschen Naturschutzrechtstages e.V. (DNRT e.V.) hat auf ihrer Jahresversammlung vom 25. April 2018 in Leipzig im Vorfeld des 13.DNRT zum Thema „Naturschutzrecht und Landwirtschaft“ folgende Erklärung beschlossen:

„Über 50% der Fläche Deutschlands werden landwirtschaftlich genutzt. Die bisherige Landwirtschaftspolitik der Bundesregierung und deren Umsetzung in den Bundesländern haben zu einem dramatischen Verlust an Biodiversität in der Fläche geführt. Verantwortlich für den Biodiversitätsverlust auf dem Lande sind die Bewirtschaftungsmethoden der industrialisierten Landwirtschaft im Verbund mit der Agrochemie. Vom Rückgang betroffen sind nicht nur Pflanzen, Wiesenbrüter und Säugetiere, sondern zunehmend und in alarmierendem Ausmaß auch Insekten, die die Grundlage für die Artenvielfalt (und z.B. auch für den Obstanbau) darstellen. Die Probleme der Massentierhaltung und das Beispiel Glyphosat (Herbizide, Biozide) sind allen bekannt und zeigen deutlich, dass ein grundlegender Wandel erforderlich ist. Dieser Wandel entspräche den Staatszielbestimmungen des Grundgesetzes in Art. 20a (Naturschutz und Tierschutz).

Der landwirtschaftsbezogene Umweltschutz leidet unter starker Zersplitterung und erheblichen Defiziten. Das Landwirtschaftsgesetz des Bundes aus dem Jahre 1955 ist ein Anachronismus und in seiner ursprünglichen Ausrichtung als „Einkommensversprechen“ völlig überflüssig geworden; es hat keinen echten Inhalt, es bezeugt vielmehr die Unfähigkeit und den fehlenden Willen, nachhaltige Landwirtschaft und die dazugehörigen Betreiberpflichten gesetzlich zu verankern. Die Schaffung eines „echten“ Landwirtschaftsgesetzes, das Definitionen, Ziele und die Rahmenbedingungen für die künftige Landwirtschaftspolitik in Deutschland festlegt, wäre aus Sicht des Naturschutzes eines der wichtigsten Vorhaben der kommenden Legislaturperiode und drüber hinaus. In diesem Gesetz wären (u.a.) die Mindestanforderungen, also die Betreiberpflichten der landwirtschaftlichen Nutzung festzulegen, die für jede Art von Landwirtschaft (auch) außerhalb der Schutzgebiete gelten sollen, damit Umwelt, Klima und Biodiversität nicht weiter Schaden nehmen. Diese Betreiberpflichten sind dynamisch zu verstehen (wie die Betreiberpflichten im Bundesimmisionsschutzgesetz, die sich am jeweiligen Stand der Technik orientieren und die bislang nicht für die Bodenbearbeitung gelten, sondern einzig für bestimmte emissionsrelevante Anlagen); sie sind im neuen Landwirtschaftsgesetz (oder über entsprechende Ermächtigungen in dazugehörigen Verordnungen) möglichst konkret auszugestalten. Die Überwachung dieser Vorgaben durch die Landwirtschaftsbehörden ist sicherzustellen. Bei diesen Anforderungen an die landwirtschaftliche Bodennutzung sind klare, nachprüfbare Ober- und Untergrenzen festzulegen. Das bezieht sich nicht nur auf die Verwendung von Gülle, anderen Düngemitteln oder Pflanzenschutzmitteln, sondern z.B. auch auf den Erosionsschutz, die Erhaltung von Grünland und die natürliche Ausstattung der Nutzflächen. Hierbei handelt es sich um Ordnungsrecht, das ohne Ausgleichszahlungen von allen Betrieben zwingend einzuhalten und bei Nichteinhaltung mit Sanktionsmöglichkeiten auszustatten ist. Die bestehenden Gesetze und Verordnungen (Düngegesetz, neue Düngeverordnung 2017, Vorschriften zur „Stoffstrombilanz“) sind in dieses neue System des Landwirtschaftsrechts zu integrieren. Soweit sie schon brauchbare Ansätze aufweisen, sind diese auszubauen. Die Betreiberpflichten sollen die weitgehend unwirksame „gute fachliche Praxis“ (GfP) aus dem Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) und dem Bundesbodenschutzgesetz (BBodSchG) ablösen. Sie können ohne weiteres so ausgestaltet werden, dass sie verfassungsrechtlich unbedenklich sind und die Sozial- oder „Ökologiepflichtigkeit“ des Eigentums zum Ausdruck bringen, wie dies Art. 14 Abs. 2 des Grundgesetzes festlegt. Ausgerechnet das in § 5 Abs. 4 Nr. 5 BNatSchG enthaltene Gebot der Grünlanderhaltung, das einigermaßen konkret und naturschutzfachlich bedeutungsvoll ist, ist vom Bundesverwaltungsgericht kürzlich „gekippt“ worden, weil diese Vorschrift zur GfP nur Leitlinien und keine verbindlichen Ge- und Verbote enthalte (BVerwG Urteil vom 1.9.2016 , 4 C 4.15). Ein Paradigmenwechsel ist also unumgänglich, will man nicht in Kauf nehmen, dass Rücksichtslosigkeit gegen Natur und Landschaft die Landwirtschaft kennzeichnet. Die Verankerung der obligatorischen Betreiberpflichten im Landwirtschaftsgesetz hätte auch den Vorteil, dass die Länder keine abweichenden Regelungen treffen könnten, weil Art. 72 Abs. 3 Nr. 2 GG nur für „den Naturschutz und die Landschaftspflege“ gilt. Damit wäre endlich eine klare Grenze gezogen, die für alle Betriebe verbindlich gilt. Weitergehende Anforderungen können (und müssen) in Schutzgebieten gestellt, sie können aber vor allem gefördert werden.

Im neuen Landwirtschaftsgesetz sollte auch geregelt werden, welche besonderen Formen der Landwirtschaft wegen ihres Nutzens für das Gemeinwohl dem Grunde nach förderungsfähig sind und welche (wegen ihrer schädlichen externen Effekte) gerade nicht. Preisspekulationen und Eigentumskonzentration von landwirtschaftlich genutzten Flächen sind ein zunehmendes Problem in der EU und auch in Deutschland. Maßnahmen der Mitgliedstaaten gegen diesen Verdrängungswettbewerb und Konzentrationsprozess sind rechtlich zulässig und erforderlich. Die Größe der Betriebe ist dabei kein zwingend negativer Faktor für biodiversitätserhaltende Landwirtschaft. Besondere Formen der Landwirtschaft, wie der ökologische Landbau, die Imkerei, Schäferei oder die Mutterkuhhaltung und andere Formen der Weidetierhaltung sollen eine rechtliche und wirtschaftliche Absicherung erhalten, alternative Formen der Landwirtschaft sind ausdrücklich zuzulassen. Dazu gehören auch klein- und großflächige Landschaftspflegemaßnahmen, die Schaffung und Wiederherstellung vernetzter Biotopstrukturen, die nicht (oder nur am Rande) der Lebensmittel- oder Futtermittelerzeugung dienen, sondern in erster Linie dem Naturgenuss und der Bereicherung der Erlebniswelt gerade auch von Kindern und Jugendlichen. Die derzeitige industrielle Landwirtschaft zerstört nämlich auch den ländlichen Raum und macht die Einwohner in agroindustriell geprägten Bundesländern tendenziell heimatlos. Landschaften sind wichtige Elemente für die Lebensqualität der Einwohner durch die Identifizierung mit ihren erkennbaren Strukturen und die Erholung in der Natur. Die europäische Landschaftskonvention bietet der Bevölkerung solche Mitwirkungsmöglichkeiten bei der Gestaltung der Kulturlandschaft. Die überfällige Unterzeichnung dieses Abkommens und die Umsetzung im neuen Landwirtschaftsgesetz beinhalten auch Chancen insbesondere für Familienbetriebe und die Entwicklung eines sanften Agrotourismus. Bei der Förderungsschiene sind die anstehenden Verhandlungen zur neuen gemeinschaftlichen Agrarpolitik (GAP) mit zu bedenken. Die „erste Säule“ der Förderung (Grundförderung nach Flächengröße) muss abgeschafft werden, weil sie einen Fremdkörper im Wirtschaftsleben darstellt, damit schon als solche keinerlei Rechtfertigung hat, und zudem eine nicht nachhaltige und tendenziell naturzerstörerische Nutzung begünstigt, die nicht subventioniert werden darf („perverse subsidies“). Der Steuerzahler bringt hierfür kein Verständnis mehr auf. Die „Erste Säule“ soll in vollem Umfang in ein Honorierungssystem für nachprüfbare ökologische Leistungen der Landwirte umgewandelt werden. Diese Förderungen können dann trotz zu erwartender Kürzungen im EU-Haushalt wegen des Brexit gut ausgestattet werden. Insgesamt sollen die Landwirte selbst entscheiden können, ob sie an den künftigen Förderprogrammen teilnehmen und dafür angemessen honoriert werden, oder ob sie voll auf die „marktwirtschaftliche Karte“ setzen. Letztlich sind die Gegebenheiten des einzelnen Betriebes maßgeblich. Bei den Förderungen ist das Kontroll- und Sanktionssystem zu entbürokratisieren. Die Umstrukturierung erfordert sicherlich Übergangslösungen, aber schon jetzt eine Weichenstellung und ein deutliches Signal. Das könnte darin bestehen, dass die Förderung der „Ersten Säule“ ab 2021 in drei Schritten für die meisten konventionellen Betriebe auf 0 reduziert wird, wobei die Reduzierung bei den sehr großen Betrieben überproportional erfolgen sollte. Ökobetriebe und sonstige besonders förderungswürdige Betriebe sowie Betriebe mit naturbedingten Standortnachteilen könnten einen Teil der Basisprämie auf Dauer behalten.

Der Deutsche Naturschutzrechtstag fordert die Bundesregierung und den Bundesgesetzgeber insgesamt auf, endlich aktiv zu werden und im Zusammenwirken mit der Wissenschaft, den Landwirten und den Verbänden ein modernes biodiversitätserhaltendes, klimaschonendes und gewässerschützendes Landwirtschaftsgesetz zu konzipieren, das zusammen mit entsprechenden Gesetzgebungsakten in Frankreich[1] und anderen Mitgliedstaaten der EU richtungsweisend auch für die künftige Agrarförderung in der EU wäre.“

 

[1] Der französische Code rural (et de la pêche maritime) wurde am 1.April 2018 in einer konsolidierten Fassung neugefasst.

 

Stellungnahmen des DNRT

 

Meeresschutz Mecklenburg-Vorpommern

Stellungnahme des DNRT zum Entwurf des Maßnahmenprogramms zum Meeresschutz der deutschen Nord- und Ostsee, speziell auf den Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft bezogen

Stellungnahme des DNRT

Den Entwurf des MSRL-Maßnahmenprogramms mit 138 Seiten können Sie gerne bei uns per  E-Mail info@dnrt.de anfordern. Wir senden es Ihnen per E-Mail als PDF-Datei (2,8 MB) zu.